Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Studierende,
die Ringvorlesung Psychotherapie bietet im Sommersemester 2016 ein diverses Programm.
Mit dem Vortrag von Professor Schweitzer-Rothers zu aktuellen Entwicklungen in der Systemischen Therapie beginnen wir eine semesterübergreifende Reihe, die Einblicke in die großen Psychotherapieschulen geben wird. Wir hoffen, dass dies den Austausch anregen wird.
Frau Professor Müller stellt in ihrem Vortrag eine heimliche Problematik ins Rampenlicht: Viele Patienten verbergen aus Scham das "Messie-Syndrom" vor ihrer Umwelt und vor ihren Behandlern. Mit dem Vortrag werden nicht nur grundlegende neuere Erkenntnisse zu dieser Störung vorgestellt, sondern auch ein Therapieansatz.
Frau Professor Wingenfeld wird in ihrem Vortrag den Bogen zwischen Forschung und Klinikalltag in einem diagnoseübergreifenden Thema spannen: aversive Erfahrungen in der Kindheit und ihre Folgen bis ins Erwachsenenalter.
Wir hoffen, unser Programm stößt bei Ihnen auf Interesse und freuen uns auf Ihre Diskussionsbeiträge.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Michael Odenwald
Miriam Adam
Systemische Therapie 2016: Von wo kommt Neues?
Die Systemische Therapie ist seit 2008 in Deutschland wissenschaftlich anerkanntes Psychotherapieverfahren, ihre sozialrechtliche Anerkennung wird derzeit geprüft. Die Nachfrage nach Systemischer Therapie ist hoch, sowohl bei Universitätsabsolventen, die sich aus- und weiterbilden lassen wollen, als auch von Klienten/ Patienten in sehr unterschiedlichen Praxisfeldern. Der Vortrag beschreibt zunächst die Entwicklung der Systemischen Therapie von 1950 bis 2000. Er geht dann im Schwerpunkt auf die aktuellen Entwicklungen ein: welche theoretische Strömungen, therapeutische Settings und praktische Anwendungsfelder sind seit 2000 neu oder verstärkt in den Vordergrund getreten? Am Ende wird der spezielle Zusatznutzen beschrieben, den systemtherapeutische Haltungen, Kompetenzen und Kooperationspraktiken - angemessene Rahmenbedingungen vorausgesetzt - für die künftige kassenfinanzierte psychotherapeutische Versorgung darstellen können.
Pathologisches Horten als zwangsverwandte Störung
Pathologisches Horten erzeugt beträchtlichen Leidensdruck und soziale Beeinträchtigung und ist mit einer geschätzten Punktprävalenz von 1-6 % relativ häufig. Das Störungsbild wurde 2013 als eigenständige Krankheitsentität in die Kategorie „Obsessive Compulsive and Related Disorders“ des DSM-5 (APA, 2013) aufgenommen. Gleichwohl handelt es sich um ein relativ unbekanntes und von der Forschung vernachlässigtes Störungsbild. Der Vortrag soll über Diagnostik, Epidemiologie, Ätiologie und psychische Komorbidität informieren. Dabei wird insbesondere der häufige Zusammenhang mit pathologischem Kaufen berücksichtigt. Darüberhinaus wird ein störungsspezifisches kognitiv-verhaltenstherapeutisches Behandlungskonzept vorgestellt.
Stress und Gedächtnis bei (trauma-assoziierten) psychischen Erkrankungen
Die Ausschüttung von Stresshormonen beeinflusst eine Vielzahl von kognitiven Prozessen, wie den Gedächtnisabruf oder exekutive Funktionen. Veränderungen in Stresshormonsystemen, wie der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden Achse (HHNA) wurden für verschiedene psychische Erkrankungen beschrieben. Während die Depression z.B. durch eine erhöhte Cortisolausschüttung und eine beeinträchtigte Funktion des Glucocorticoid-Rezeptors (GR) gekennzeichnet zu sein scheint, wurden bei der PTSD teilweise gegenläufige Veränderungen beobachtet. Obwohl Veränderungen der Sensitivität von GR bei Depression und PTSD, aber auch anderen stress-assoziierten psychischen Erkrankungen, wie der Borderline Persönlichkeitsstörung (BPD), diskutiert werden, wurden die Effekte von Stresshormonen auf kognitive Prozesse bei psychischen Erkrankungen bislang nur wenig untersucht. In einer Reihe von Studien untersuchten wir die Effekte von Glucocorticoiden auf verschiedene kognitive Prozesse bei Patienten mit Depression, PTSD und BPD. Dabei fokussierten wir auch auf Aspekte der sozialen Kognition. In diesem Vortrag sollen die bisherigen Ergebnisse überblicksartig dargestellt und potentielle Mechanismen und Implikationen diskutiert werden.