Die psychotherapeutische Versorgung von Krebspatienten in Deutschland
5.Oktober 2017
Prof. Dr. Susanne Singer, Universitätsmedizin Mainz
Es ist gut belegt, dass etwa ein Drittel aller Krebspatienten unter massiven psychischen Beeinträchtigungen leidet, die den Kriterien einer ICD-10 F-Diagnose entsprechen. Nur ein Teil von ihnen wird als belastet erkannt. Und nur ein Teil erhält entsprechende fachärztliche und/oder psychotherapeutische Behandlung.
Sind die Wege zum Psychotherapeuten aber geebnet, z. B. indem der Patient selbst den Wunsch nach Behandlung verspürt oder wenn ein Onkologe es empfiehlt, ergibt sich häufig ein neues Problem: Es fehlt ein Psychotherapeut, der die Behandlung übernehmen würde.Die Gründe dafür sind vielfältig. Zu den ohnehin bestehenden langen Wartezeiten in der "normalen" Psychotherapie kommen weitere Hürden hinzu. Manche Therapeuten sind verunsichert im Angesicht der Konfrontation mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung und lehnen die Behandlung ab. Andere Barrieren liegen in der komplexeren Praxisorganisation, die das Arbeiten mit Krebspatienten erfordert.
Eine Gruppe von Psychotherapeuten hat deshalb in einer bundesweiten Studie erarbeitet, wie niedergelassene Psychotherapeuten ihre Arbeitsorganisation gestalten, um Krebsbetroffene im Rahmen der Psychotherapie-Richtlinie behandeln zu können. Die Studie bestand aus zwei Teilen. Im ersten Teil füllten Psychotherapeuten einen Fragebogen aus (persönlich, telefonisch oder schriftlich). Im zweiten Teil wurden Psychotherapeuten qualitativ mittels eines Leitfadeninterviews (persönlich oder telefonisch) befragt. Die Ergebnisse belegen einerseits die Herausforderungen, die sich bei der Praxisorganisation stellen, andererseits wurden konkrete Lösungsmöglichkeiten von den Niedergelassenen erarbeitet und erprobt, über die im Vortrag berichtet wird.